Ein völlig zulässiger eigener Beitrag zum Thema Politik und dem eigentlich nicht mehr ganz so neuen „Neuland“ Internet

Man dürfte sich fragen, was für mehr Aufregung in den letzten Wochen gesorgt hat: Das Rezo-Video oder die darauffolgende Äußerung von CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer.
90 populäre Youtuber hatten sich zusammen geschlossen und eindringlich an ihre Zuschauer appelliert der CDU und auch der AFD bei der Europawahl vom 26.05.2019 nicht ihre Stimme zu geben. Anstatt sich konstruktiv mit den Argumenten der YouTuber auseinanderzusetzen, äußerte sich Frau Kramp-Karrenbauer nach der historischen CDU Niederlage bei der Wahl rhetorisch eher weniger geschickt zu der Stellung der YouTuber und deklarierte deren Video als „Meinungsmache“. Während einige darin ein Bedürfnis erkennen wollten die Meinungsfreiheit zu beschränken, fordern andere rechtliche Grenzen und neue Regelungen für die digitalen Medien im politischen Diskurs.

 

Auch wenn einige Stimmen neue gesetzlichen Regelungen fordern, um die digitalen Medien zu kontrollieren, muss ganz deutlich gesagt werden, dass das Internet kein Neuland ist und das es bereits bestehende Regelungen gibt, die auch auf die digitale Welt anwendbar sind.
Wer z.B. „geschäftsmäßig“ sog. „Telemedien“ (dazu gehört auch ein Youtube-Kanal) anbietet, unterliegt beispielweise der Pflicht, ein Impressum vorzuhalten. Dies stellte auch der BGH im Urteil vom 20.07.2006 – I ZR 228/03 klar, in dem das Gericht die Anforderungen an das Impressum bei YouTube-Beiträgen präzisierte.

Für die Anwendung dieser Regeln muss daher vorab geklärt werden, welche Stellung Youtuber einnehmen. Dabei muss zwischen Privatpersonen (wohl gleichbedeutend mit dem Begriff Verbraucher i.S.d. § 13 BGB) und Unternehmern (§ 14 BGB) unterschieden werden.
Es gibt Youtuber, die nur gelegentlich im kleinem Rahmen Videos hochladen und keine kommerziellen Interessen verfolgen. Diese sind eher als hier sog. Privatpersonen anzusehen.
Bei Rezo und den anderen an der Kampagne beteiligten YouTubern kann man jedoch nicht mehr von Privatpersonen sprechen, sondern muss diese als Unternehmer oder vielleicht (bei Zusammenschluss auf Dauer) sogar Personengesellschaft einordnen. Diese haben nicht selten jeweils mehr als eine Millionen Follower, verfolgen kommerzielle Interessen (wie bspw. der Erzielung von Werbeeinnahmen) und haben eine verhältnismäßig große Reichweite.
Das Rezo-Video „Die Zerstörung der CDU“ erreichte in nur zwei Wochen 14 Millionen Internet-Aufrufe. Das Video „Ein Statement von 90+ YouTubern“ erreichte 3,7 Millionen Aufrufe.

Angesichts dieser Zahlen stellt sich die Frage, ob das sog. Neutralitätsgebot der Journalisten auch für diese Art von YouTubern gilt.

Um Missverständnissen vorzubeugen, ist vorab klar zu stellen: Es gibt zwar ein Gebot der Neutralität vor Wahlen für Journalisten, aber kein „Verbot“ seine Meinung zu einer Partei kundzutun.
Das sog. Neutralitätsgebot ist lediglich ein Ehrenkodex für Journalisten, der vom Presserat verabschiedet wurde. Verstöße dagegen werden lediglich mit einer öffentlichen Rüge geahndet. In Deutschland wird dieses Neutralitätsgebot vor Wahlen von den meisten Journalisten aus ethischen Gründen eingehalten. Es ist allerdings nicht verboten, sich doch kritisch und substantiiert vor einer Wahl zu äußern und über die Parteien zu berichten.

Daher kann die Frage offen bleiben, ob die YouTuber redaktionelle Beiträge produzieren und ggf. wie Journalisten zu behandeln wären. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürften sie sich – wie alle Journalisten auch – in Ausübung ihrer Meinungsfreiheit zu politischen Themen auch unmittelbar vor einer Wahl äußern.

Fazit:

Die digitale Welt ist kein neues wundersames Monstrum, dass erst gestern aufgetaucht ist.
Das Internet eröffnet der Politik die Möglichkeit aktiv mit den Wählern in Kontakt zu treten und das Problem der Politikverdrossenheit anzugehen. Diese Möglichkeit sollte nur von den Parteien gesehen und auch angenommen werden.

Wie man diese Möglichkeit bestmöglich nutzen kann, hat Rezo gezeigt und die vielen Aufrufe seines Videos und die aktuelle angeregte politische Diskussion bestätigen die große Relevanz der neuen Medien. Gerade in Zeiten von „Friday for future“ ist es wichtig, sich kritisch mit Beiträgen auseinandersetzen und sich auch an die Bedürfnisse der jüngeren Generationen anzupassen.
Dennoch ist die aktuelle Diskussion auch wichtig für den weiteren Fortschritt der digitalen Medien. Wenn der rechtliche Rahmen diskutiert und definiert wird, ist der Weg frei für die weitere Fortentwicklung der politischen Kultur in der nicht mehr ganz so neuen digitalen Welt.