Typische Fehler bei AGB’s für Online-Shops und -Communities

Der nachfolgende Beitrag soll einige typische Fälle von fehlerhaften und damit teils auch abmahnfähigen Gestaltungen und AGBs für Online-Shops und Online-Communities darstellen. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Insbesondere ist es auch nicht mein Ansinnen, durch den Artikel (nur) mein Know How in diesem Bereich an Kollegen zu verteilen, da ich es mir selbst über eine Vielzahl von Mandaten im Bereich der AGB-Erstellung aneignen musste.

Ich werde auch bewußt kein komplettes „Muster“ online stellen, da jede Fallgestaltung hier ihre Besonderheiten und mithin Anpassungsbedarf aufweist. Auch wird die Lektüre dieses Beitrages Sie nicht davon befreien können, jeden der angesprochenen Punkte von einem Anwalt Ihres Vertrauens prüfen zu lassen. Online-Händlern und solchen, die es werden wollen, soll hier vielmehr ein Gefühl für typische Fehler der eigenen AGB und Websitegestaltung vermittelt werden. Oftmals ist hierbei zu beobachten, dass die Fortentwicklung des Rechts – sei es durch Rechtsprechung oder Gesetzgebung – zu wenig Beachtung findet.

Weitere Beiträge, eine regelmäßig aktualisierte Fassung dieses Beitrages und ggf. kurze Teile von Mustertexten werden in Zukunft teils hier,  v.a. aber im passwortgesicherten Bereich dieser Website zu finden sein. Bestehende Mandanten sowie Starter einer Plattform des Startnext Networks erhalten hierfür dann  ein Login.

1. AGB allgemein

a) fehlende oder falsche Reichweitenklausel

Nicht selten sind Ihre AGB bzw. ist Ihr Angebot Teil eines solchen, welches durch andere bedingt oder ergänzt wird. So ist z.B. fehlerhaft, für den Kaufprozess eines eBay-Shops mit dem sonst typischen Satz „Für unsere Leistungen gelten ‚ausschließlich’…“ einzuleiten, da hier zudem die eBay-AGBs Geltung beanspruchen.

b) fehlende, falsche oder unzureichende Darstellung des Vertragsschlusses bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr
Nach der gesetzlichen Vorgabe ist bei einem Angebot eines Unternehmers der Kunde – hier wird nicht zwischen Unternehmern und Verbrauchern unterschieden – u.a. über „die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen“, zu informieren.

Hierbei stellt sich zugleich die Frage, von wem das Angebot im Rechtssinne stammt (§ 145 BGB). Der „Anbieter“ wird eine Bindungswirkung hinsichtlich aller auf seiner Website darstellten Waren regelmäßig nicht wünschen, da er sich sonst (bspw. bei ungeahntem Ansturm auf seinen Shop) Schadenersatzforderungen seiner Kunden ausgesetzt sehen könnte. Dies erreicht er, indem er sein sog. Online-„Angebot“ als bloße invitatio ad offerendum (bloße Aufforderung zur Abgabe eines Angebots seitens des Besuchers) deklariert und in seinen Shop keine „Angebote“ sondern „Produktbeschreibungen“ einstellt.

c) Widerspruch zwischen AGBs und z.B. werbenden Aussagen, Prospekthaftung

Eben diese Überlegungen (siehe b)) müssen sich aber auch in der Gestaltung des Shops widerspiegeln. So liest man unter den Produktbeschreibungen oft den dort vom rechtsunkundigen Shop-Betreiber eingefügten Satz „Angebot freibleibend!“. Dieser Passus kann mehrfach fatal sein.

aa) er gilt im Ernstfall als individuelle Bestimmung, welche Vorrang gegenüber den AGB hat

§ 305b BGB – Vorrang der Individualabrede

„Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.“

bb) er spricht im Widerspruch zu den AGB von „Angebot“.

cc) er verstößt je nach Auslegung gegen AGB-Recht.

Denn gemäß § 308 Nr. 8 BGB ist in AGB u.a. unwirksam die

„Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,

a) den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b) Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten.“

d) Einfügen einer Salvatorischen bzw. sog. Ersetzungsklausel

Oftmals findet sich in AGBs im Internet eine Klausel mit dem etwaigen Inhalt:

„Sollten einzelne … Bestimmungen … unwirksam … dann … Vertrag im Übrigen … An die Stelle der … am Nähesten kommt.“

Solche Salvatorische bzw. auch Ersetzungsklauseln verstoßen in mehrfacher Weise gegen deutsches AGB-Recht. Denn hiernach gelten folgende Rechtsfolgen bei Nichteinbeziehung bzw. Unwirksamkeit einer Klausel:

  • Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.
  • Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.
  • Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der von Gesetzes wegen vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

Hiermit unvereinbar ist eine sog. „geltungserhaltende Reduktion“, nämlich die Rückführung einer unwirksamen Regelung auf die nächst niedrigere Stufe eines Eingriffs in die Interessen Ihres Vertragspartners. Das heißt, dass – soweit nicht die dritte Stufe der unzumutbaren Härte eingreift – an die Stelle einer unwirksamen Klausel zwingend Gesetzesrecht tritt.

e) Fehlende, unzureichende bzw. falsche Rechtswahlklausel

Das Internet macht bekanntlich an den Grenzen nicht halt. Hier kann es sinnvoll sein, für den Fall einer Auseinandersetzung eine Rechtswahlklausel zu konzipieren. Zudem ist genau abzuwägen, inwieweit das Eingreifen der Regelungen des UN-Kaufrechts gewünscht ist (dies ist auf Grund völkerrechtlicher Verträge auch deutsches Recht!).

f) Einfügen einer unwirksamen Gerichtsstandsklausel

Der Vereinbarung einer wirksamen Gerichtsstandsklausel sind u.a. durch § 38 ZPO Grenzen gesetzt. Neben der ggf. Unwirksamkeit der Klausel kann eine schlecht bzw. falsch konzipierte Gerichtsstandsklausel z.B. neben anderen Indizien dazu führen, dass eine GbR als Shop-Betreiber als OHG angesehen wird. Dies kann weitreichende Folgen haben, da an die Sorgfalt des Kaufmanns im Rechtsverkehr hohe Anforderungen zu stellen sind (bspw. kann dieser auch mündlich Bürgschaften erteilen, § 350 HGB.

Eine wirksame Gerichtsstandsklausel oder sonstige Regelung in AGB ist übrigens nicht dadurch möglich, dass die Prüfungsbefugnis auf den Kunden abgewälzt wird. So wäre eine Klausel „Gerichtsstand ist – soweit gesetzlich zulässig – Dresden.“ unwirksam (wie ich schon erfolgreich in Rechtsstreitigkeiten einwandte) … und ist dennoch ein häufig anzutreffender Fehler.

2. Widerrufsbelehrung

a) Verweis auf tatsächlich nicht mehr existierende Normen

Ein häufiger Fehler in der Widerrufsbelehrung resultiert aus der Nutzung eines veralteten Musters. In selbigem finden sich die §§ 1 und 3 BGB-InfV. Diese sind mittlerweile aufgehoben. Insbesondere Anwaltskollegen mit erhöhtem Abmahnaufkommen (abgehend) bzw. deren Mandanten nutzen – so heißt es in Kollegenkreisen – häufig Suchmaschinen, um diesen Fehler in AGB’s aufzuspüren und dann kostenpflichtig abzumahnen.

b) unzureichende Differenzierung hinsichtlich der Vertragsnatur

Die Qualifikation des Vertrages ist für die Erstellung der Widerrufsbelehrung von entscheidender Bedeutung. So hat die Frage, ob ein Dienst- oder Kaufvertrag sowie bei letzterem ob eine Sache oder ein unkörperlicher Gegenstand (z.B. Lizenzerwerb) Vertragsgegenstand ist, weitreichende Konsequenzen. Gleiches gilt, wenn Sie Verträge mit Dritten lediglich vermitteln wollen (z.B. mit Mobilfunkbetreibern). Beim Vertrieb von Sachen ist zusätzlich zu prüfen, ob diese bspw. nach Kundenspezifikation angefertigt werden und/oder schnell verderben können.

All dies kann Auswirkungen auf das grundsätzliche Bestehen und/oder den Zeitpunkt des Beginns und/oder Erlöschens des Widerrufsrechts haben.

c) Die Frage der Dauer des Widerrufsrechts

Das Widerrufsrecht kann – je nach Fallgestaltung und vom Shopbetreiber begangenen Fehler – im Grundsatz (mangels möglichen frühzeitigerem Erlöschen bei Dienstverträgen) 14 Tage, 1 Monat oder unbegrenzte Dauer gelten. Dies hängt vielfach davon ab, ob Ihr Shop-System den rechtzeitigen Zugang der Belehrung IN TEXTFORM erlaubt. Letzteres wird nicht schon durch Anzeigen der Belehrung am Bildschirm erreicht…An dieser Stelle kann ich nach meiner langjährigen Erfahrung nur davon abraten, selbst ein Shop-System programmieren zu wollen sondern sich vielmehr an erfahrene Programmierer zu wenden, deren System schon den einen oder anderen Praxis-Testlauf hinter sich hat. Denn dort sind im besten Falle schon Felder für entsprechende Muster und Regelwerke vorgesehen, während Sie beim Programmieren in Eigenregie sowohl die technischen als auch die rechtlichen Hintergründe verstehen müssten.

d) Die Frage der Wertersatzregelung

Kaum eine Regelung hat in der Praxis soviel Streitpotential wie die Wertersatzregelung. Denn theoretisch könnte sich ein findiger Kunde – so es keine Wertersatzpflicht gäbe – aller 14 Tage ein neues hochpreisliches „Leihgerät“ kaufen und binnen der gültigen Widerrufsfrist zurücksenden. Hier sind die Fehlerquellen mannigfaltig, weshalb ich hierzu nur im Rahmen einer ausführlichen und individuellen Beratung im Einzelfall Stellung nehme.

e) Frage der Hin- und Rücksendekosten

Fehleranfällig und oftmals falsch sind die Regelungen zu (Hin- und) Rücksendekosten. So erfordert die sog. 40Euro-Klausel nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ein pendant in den übrigen AGB, da die Widerrufsbelehrung nur als Belehrung über bestehende Regelungen angesehen wird, mithin eine tatsächliche Regelung in den „richtigen AGB“ erfolgen muss.

f) unlogische Daten in der Widerrufsbelehrung

Falsch ist u.a. die Angabe einer Telefonnummer beim Widerrufsadressaten, da der Widerruf in mindestens Textform (§ 126 b BGB) zugehen muss. Interessanterweise fand ich im Rahmen meiner Praxis bei (nicht durch mich betreuten) Shops fast alles bis hin zu Bankdaten in der Widerrufsbelehrung vor. Der Fehler dürfte oft dadurch bestehen, dass die Daten aus dem eigenen Briefkopf und/oder Impressum kopiert und ohne weitere Prüfung eingefügt werden.

3. Sonstige typische Fehler

Typische Fehler von Neulingen der Branche bestehen in der Übernahme fremder (Werb-)Texte und/oder -Fotografien. Dies stellt nicht selten eine Urheberrechts- und/oder Wettbewerbsrechtsverletzung dar, welche durch teure Abmahnungen (…) geahnt werden können. An dieser Stelle also der Tipp:

a) Kaufen Sie Bildrechte in seriösen Foto-Portalen (studieren Sie allerdings gut die dortigen Lizenzbestimmungen…insbesondere zu den Namensnennungsrechten der Urheber) oder

b) erstellen Sie die Fotos (wie ich für meine Website) selbst, um sich Ärger mit evtl. Fehlern in der Rechtekette zu ersparen. Denn bei Rechten gibt es keinen gutgläubigen Erwerb. Der tatsächliche Inhaber kann neben dem Verkäufer auch Sie in Anspruch nehmen.

Für Rückfragen und/oder Anregungen für zukünftige Beiträge nutzen Sie gerne das Kontaktformular dieser Internetseite oder Schreiben Sie mir eine E-Mail!