Neues aus Brüssel: Die Verordnung (EU) 2019/1150 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten
Hinweis vorab: Die Verordnung tritt am 12.07.2020 in Kraft. Da es sich um eine Verordnung handelt, gilt diese unmittelbar in jedem Mitgliedstaat, es bedarf keiner gesonderten Umsetzung. Gerne beraten wir Sie und Ihre Plattform hierzu tiefgreifender auf Anfrage!
Der Kelch der e-Privacy-VO – welcher schon seit Monaten für „Panik“ unter europäischen Unternehmen sorgte – ging zwar nunmehr an uns vorüber, aber schon wartet „Brüssel“ für das Jahr 2020 mit einer neuen Herausforderung auf! Die „Verordnung (EU) 2019/1150 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online- Vermittlungsdiensten“.
I. Was sind Ziel und Gegenstand der neuen Verordnung?
Wie bereits dem Titel der Verordnung zu entnehmen ist, soll in erster Linie den gewerblichen Nutzern von Online-Vermittlungsdiensten und Nutzern mit Unternehmenswebsites in Bezug auf Suchmaschinen angemessene Transparenz (zur Förderung tragfähiger Geschäftsbeziehungen und Vermeidung unlauteren Verhaltens zum Nachteil gewerblicher Nutzer), Fairness und wirksame Abhilfemöglichkeiten im Falle von Rechtsverletzungen (wie z.B. durch Einrichtung eines internen Beschwerdemanagementsystems) erreicht werden.
II. Sind Sie von Anwendungsbereich der Verordnung erfasst?
Geltung beansprucht diese Verordnung für Online-Vermittlungsdienste (vorrangig also Online-Marktplätze) und Online-Suchmaschinen. Nicht relevant ist hierbei, wo diese Anbieter niedergelassen sind oder ihren Sitz haben. Diese müssen in einem zweiten Schritt gewerblichen Nutzern und Nutzern von Unternehmenswebseiten bereitgestellt bzw. zur Bereitstellung angeboten werden. Hier ist es wiederum wichtig, dass diese Nutzer ihre Niederlassung oder ihren Wohnsitz in der EU haben und sie über den Dienst oder die Suchmaschine in der EU befindlichen Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbieten, vgl. Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung.
Nicht betroffen sind hingegen Online-Zahlungsdienste, Online-Werbeinstrumente oder Online-Werbebörsen, die keine direkten Transaktionen vermitteln bzw. bei denen zusätzlich nicht mit Verbrauchern kontrahiert wird.
Zum besseren Verständnis hierzu einige Begriffsbestimmungen aus der Verordnung:
- „Gewerblicher Nutzer“ ist hiernach jede juristische Person, die über Online-Vermittlungsdienste und für Zwecke im Zusammenhang mit ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbietet;
- „Nutzer mit Unternehmenswebsite“ ist eine natürliche oder juristische Person, die über eine Online-Schnittstelle, d. h. über eine Software (darunter Websites oder Teile davon und Anwendungen, einschließlich mobiler Anwendungen) und für Zwecke im Zusammenhang mit ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbietet;
- „Online-Vermittlungsdienste“ sind all jene, die nachstehenden Anforderungen erfüllen:
- Es handelt sich um Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 12 ), d.h. jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung.
- Sie ermöglichen es gewerblichen Nutzern, Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anzubieten, indem sie die Einleitung direkter Transaktionen zwischen diesen gewerblichen Nutzern und Verbrauchern vermitteln, unabhängig davon, wo diese Transaktionen letztlich abgeschlossen werden.
- Sie werden gewerblichen Nutzern auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Anbieter dieser Dienste und den gewerblichen Nutzern, die den Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anbieten, bereitgestellt;
„Online-Suchmaschine“: einen digitalen Dienst, der es Nutzern ermöglicht, in Form eines Stichworts, einer Spracheingabe, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe Anfragen einzugeben, um prinzipiell auf allen Websites oder auf allen Websites in einer bestimmten Sprache eine Suche zu einem beliebigen Thema vorzunehmen und Ergebnisse in einem beliebigen Format angezeigt zu bekommen, über die sie Informationen im Zusammenhang mit dem angeforderten Inhalt finden können.
III. Was für Neuerungen, bzw. Verpflichtungen kommen nun u.a. auf Sie zu?
Grob lassen sich die erforderlichen Neuerungen u.a. in Ausgestaltung Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Einschränkungen, Aussetzungen und Beendigungen von Nutzungen, Transparenz von Rankingmaßnahmen, differenzierte Behandlung bzw. Beschränkungen, internes Beschwerdemanagement und Streitbeilegung durch Mediation einteilen.
Dazu im Einzelnen:
- Ausgestaltung Ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Artikel 3 der Verordnung): Die folgenden Informationen sollten ausführlich geprüft werden, da AGB, die den Anforderungen nicht gerecht werden, nichtig wären. Zunächst wird bestärkt, dass die AGB der Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten klar und verständlich formuliert sein müssen. Das ist für Sie sicherlich nicht neu, da es im BGB bereits eine vergleichbare Regelung gibt, wurde aber in der Verordnung nochmals aufgenommen. Zudem soll der gewerbliche Nutzer zu jedem Zeitpunkt der geschäftlichen Beziehung (Wichtig: hier zählt auch bereits eine vorvertragliche Beziehung) die Möglichkeit haben Ihre AGB leicht aufzufinden und abrufen zu können. Auch sind künftig Gründe aufzunehmen, bei denen Sie über die vollständige/teilweise Aussetzung, Beendigung oder Einschränkung Ihrer Online-Vermittlungsdienste für gewerbliche Nutzer entscheiden können. Weitere Angaben zu zusätzlichen Vertriebskanälen oder etwaigen Partnerprogrammen, über die Sie vom gewerblichen Nutzer angebotene Waren und Dienstleistungen vermarkten könnten, müssen enthalten sein. Schließlich müssen die AGB um Informationen zu den Auswirkungen der AGB auf die Inhaberschaft und die Kontrolle von Rechten des geistigen Eigentums gewerblicher Nutzer erweitert werden. Über vorgeschlagene Änderungen Ihrer AGB müssen die betroffenen gewerblichen Nutzer auf einem dauerhaften Datenträger informiert werden. Es gibt dazu in der Verordnung weitere Vorgaben zu einer erforderlichen Frist vor einer Umsetzung und ggf. bestehende Kündigungsrechte der betroffenen gewerblichen Nutzer. Sie sollten auch sicherstellen, dass die Identität der gewerblichen Nutzer, die Waren und Dienstleistungen über Sie anbieten, deutlich erkennbar ist.
- Einschränkungen, Aussetzungen und Beendigungen von Nutzungen (Artikel 4 der Verordnung): Soweit Sie wie oben beschrieben künftig über die vollständige/teilweise Aussetzung, Beendigung oder Einschränkung Ihrer Online-Vermittlungsdienste für gewerbliche Nutzer entscheiden sollten, müssen dazu gewisse Vorgaben eingehalten werden. Es muss ggf. dem betroffenen gewerblichen Nutzer z.B. vor oder gleichzeitig mit dem Wirksamwerden der Maßnahme (nur im Hinblick auf die Aussetzung und Einschränkung) auf einem dauerhaften Datenträger eine Begründung Ihrer Entscheidung zugehen. Bei einer Beendigung ist die Begründung innerhalb 30 Tage vor dem Wirksamwerden zu übermitteln. Im Falle einer solchen Maßnahme müssen Sie nun dem gewerblichen Nutzer die Möglichkeit anbieten, Tatsachen und Umstände um Rahmen des internen Beschwerdemanagementverfahrens (welches auch von Ihnen einzurichten ist) zu klären.
- Transparenz von Rankingmaßnahmen (Artikel 5 der Verordnung): Hier wird zunächst zwischen Anbietern von Online-Vermittlungsdiensten und Online-Suchmaschinen unterschieden. Online-Vermittlungsdienste: In Ihren AGB stellen Sie nun die Ihr Ranking bestimmenden Hauptparameter und die Gründe für die relative Gewichtung dieser Hauptparameter gegenüber anderer Parameter dar. Online-Suchmaschinen: Sie stellen die Hauptparameter, die einzeln oder gemeinsam für die Festlegung des Rankings am wichtigsten sind, und die relative Gewichtung dieser Hauptparameter dar. Es muss also in Ihren Online-Suchmaschinen eine immer aktuelle, klar und verständliche Erläuterung zur Verfügung stehen, die auch öffentlich und leicht abrufbar ist. Eine mögliche Beeinflussung durch die gewerblichen Nutzer oder die Nutzer mit Unternehmenswebsite (z.B. durch Bezahlung) ist zu erklären und darzulegen, wie sich z.B. Bezahlungen auf das Ranking auswirken. Bei Änderungen oder Auslistungen aufgrund von Mitteilungen eines Dritten durch Sie als Anbieter einer Online-Suchmaschine müssen Sie, müssen Sie dem Nutzer mit Unternehmenswebsite die Gelegenheit geben, den Inhalt der Meldung zu sichten. Wichtig! Weder Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten noch Anbieter von Online-Suchmaschinen müssen die u.a. unter lit. c. genannten Anforderungen einhalten, soweit die Offenlegung von Algorithmen und Informationen mit hinreichender Sicherheit zu einer Ermöglichung von Täuschungen oder Schädigungen von Verbrauchern durch die Manipulation von Suchergebnissen führen würde.
- Differenzierte Behandlung, bzw. Beschränkungen (Artikel 7 und 10 der Verordnung): Sie als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten müssen in Ihre AGB eine Erläuterung aufnehmen, wenn Sie über das Betreiben des Online-Vermittlungsdienstes hinaus auch Waren oder Dienstleistungen anbieten und eine differenzierte Behandlung zwischen dem eigenen Angebot und dem der gewerblichen Nutzer stattfindet. Das gleiche gilt auch für die Anbieter von Online-Suchmaschinen. Der genaue Umfang einer solchen Erläuterung findet sich in Artikel 7 der Verordnung. Soweit Sie als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten gewerbliche Nutzer in ihrer Möglichkeit einschränken, Verbraucher Waren und Dienstleistungen zu anderen Bedingungen auf anderem Wege als über Ihren Dienst anzubieten, müssen Sie die Gründe dafür angeben und diese dann wiederrum öffentlich (leicht) zugänglich machen.
- Internes Beschwerdemanagement (Artikel 11 der Verordnung): Als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten müssen Sie ein internes, kostenfreies und leicht zugängliches System für die Bearbeitung von Beschwerden gewerblicher Nutzer einrichten. Hierzu sind einige Probleme aufgeführt, über die sich der gewerbliche Nutzer direkt über das System beschweren können muss.
In den AGB müssen dann alle erforderlichen und immer aktuellen Informationen dazu bereitgehalten werden. Auch muss vom Anbieter der Online-Vermittlungsdienste eine aktuelle und leicht zugängliche Information zur Funktionsweise und Wirksamkeit des internen Beschwerdemanagementsystems erstellen (enthalten sein müssen: Anzahl der eingereichten Beschwerden, wichtigsten Arten von Beschwerden, durchschnittlicher Zeitbedarf zur Bearbeitung und zusammengefasste Infos über das Ergebnis der Beschwerden. Wichtig! Dies gilt nicht für Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten, die als ein kleines Unternehmen zählen, also als ein Unternehmen, das weniger als 50 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. EUR nicht übersteigt. - Streitbeilegung durch Mediation (Artikel 12 der Verordnung): Sie müssen nun als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten in Ihren AGB zwei oder mehr Mediatoren (die bestimmte Anforderungen erfüllen müssen) angeben, mit denen Sie bereit sind zusammenzuarbeiten bei Streitigkeiten mit gewerblichen Nutzern um eine außergerichtliche Streitbeilegung herbeizuführen.
Betont wird auch, dass ungeachtet des freiwilligen Charakters der Mediationen sich die Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten und eben auch die gewerblichen Nutzer nach Treu und Glauben an allen Mediationsversuchen zu beteiligen haben.
Hervorzuheben ist, dass jeder Mediationsversuch nicht das Recht des Anbieters von Online-Vermittlungsdiensten oder der gewerblichen Nutzer ausschließt, vor, während oder auch nach der Mediation den Gerichtsweg einzuschlagen. Wichtig! Dies gilt nicht für Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten, die als ein kleines Unternehmen zählen, also als ein Unternehmen, das weniger als 50 Personen beschäftigt und dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 10 Mio. EUR nicht übersteigt.
Zur besseren Übersicht, haben wir Ihnen die Verordnung hier verlinkt. Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!