Sog. „Buy Out“-Klauseln im Lichte des § 40a Urheberrechtsgesetz
Am 01.03.2017 trat der neue § 40a UrhG (Urhebergesetz) in Kraft. Dieser besagt:
§ 40a UrhG – Recht zur anderweitigen Verwertung nach zehn Jahren bei pauschaler Vergütung
(1) 1Hat der Urheber ein ausschließliches Nutzungsrecht gegen eine pauschale Vergütung eingeräumt, ist er gleichwohl berechtigt, das Werk nach Ablauf von zehn Jahren anderweitig zu verwerten. 2Für die verbleibende Dauer der Einräumung besteht das Nutzungsrecht des ersten Inhabers als einfaches Nutzungsrecht fort. 3Die Frist nach Satz 1 beginnt mit der Einräumung des Nutzungsrechts oder, wenn das Werk später abgeliefert wird, mit der Ablieferung. 4§ 38 Absatz 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Frühestens fünf Jahre nach dem in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeitpunkt können die Vertragspartner die Ausschließlichkeit auf die gesamte Dauer der Nutzungsrechtseinräumung erstrecken.
(3) Abweichend von Absatz 1 kann der Urheber bei Vertragsschluss ein zeitlich unbeschränktes ausschließliches Nutzungsrecht einräumen, wenn
1. er einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbringt; nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört,
2. es sich um ein Werk der Baukunst oder den Entwurf eines solchen Werkes handelt,
3. das Werk mit Zustimmung des Urhebers für eine Marke oder ein sonstiges Kennzeichen, ein Design oder ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster bestimmt ist oder
4. das Werk nicht veröffentlicht werden soll.
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 kann zum Nachteil des Urhebers nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.
Das Gesetz gewährt dem Urheber, der einem Vertragspartner gegen eine pauschale Vergütung ausschließliche Nutzungsrechte an seinem Werk einräumt – so keine Ausnahme wie beispielsweise des Absatz 3 einschlägig ist – damit das Recht, eben dieses Werk nach 10 Jahren gleichwohl anderweitig zu verwerten. Diese Norm findet auf alle seitdem 01.03.2017 geschlossenen Verträge Anwendung. Über die ausdrückliche Ausnahme des § 40a Abs. 3 UrhG hinaus sind auch
– Computerprogramme (§ 69a Abs. 5 UrhG),
– das Recht zur Verfilmung (§ 88 UrhG) sowie Verwertung etwaiger vorbestehender Werke im Rahmen der Verfilmung (§ 89 UrhG) gemäß § 90 Abs. 2 UrhG,
– Leistungen ausübender Künstler (vgl. den Umkehrschluss aus § 79 Abs. 2a UrhG) sowie
– Werke, welche Urheber innerhalb ihrer Arbeits- und Dienstverhältnisse schaffen (so ausdrücklich BTDrs. 18/8625, 30 unter Verweis auf § 43 UrhG)
von der Anwendung ausgeschlossen.
Hinsichtlich des letztgenannten Falles ging der Gesetzgeber davon aus, dass der Urheber ohnehin nicht das wirtschaftliche Risiko trage und mithin die Möglichkeit der pauschalen Vergütung sich schon aus der arbeitsvertraglichen Besonderheiten ergäbe:
„[…] Wird ein Werk in Erfüllung der Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen, wird eine Pauschalvergütung – in Form des Arbeitsentgeltes oder der Besoldung – in der Regel schon durch § 43 letzter Halbsatz UrhG ermöglicht. Der Arbeitnehmer oder Beamte wird hier unabhängig von der Verwertbarkeit seines Werkes bezahlt. Er trägt insoweit kein wirtschaftliches Risiko und es ist nicht erforderlich, seine geschützte Leistung nutzungsabhängig zu vergüten […].“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8625)
Ein Beispiel für den Anwendungsbereich der Norm sind mithin freiberufliche Fotografen, welche einem Unternehmen gegen Entgelt im Rahmen eines Einzelauftrags gestatten, ihre Fotografien für Werbekampagnen zu verwenden und „Opfer“ der typischen (ohnehin AGB-rechtlich problematischen, vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 01.06.2011, Az. 5 U 113/09) sog. „Buy-Out“-Klauseln werden.
Für bspw. Musikgruppen hingegen dürfte die Regelung wiederum wenig Relevanz haben, so sie – wie üblicherweise der Fall – eine vorwiegend umsatzabhängige Vergütung erhalten. Pauschal meint in diesem Kontext eine Vergütung, die nicht als Beteiligung ausgestaltet ist. Im Falle einer Mischvergütung — einer Mischung aus Umsatz-Beteiligung und pauschaler Vergütung — müsste die Beteiligung für die Vergütung prägend sein, damit die Norm (§ 40a Abs. 1 S. 1 UrhG) ihren Anwendungsbereich verliert.
Sind diese Voraussetzungen des § 40a Abs. 1 S. 1 UrhG erfüllt, hat der Urheber das Recht zur anderweitigen Verwertung seines Werks nach Ablauf von 10 Jahren. Dennoch bleiben für den Vertragspartner die Vertragspflichten in Form eines einfachen Nutzungsrechts bestehen, vgl. § 40a Abs. 1 S. 2 UrhG.
Abweichungen von vorstehender Regelung nicht nur in engen Grenzen und frühestens 5 Jahre nach erstmaliger Nutzungsrechtseinräumung möglich. Dies ermöglicht dann eine länger als 10 Jahre andauernde ausschließliche Nutzungsberechtigung des Werkes für den Vertragspartner des Urhebers auf Grund einer zusätzlichen Vereinbarung.
Der § 40a Abs. 3 UrhG behandelt die zulässigen Ausnahmen. Davon betroffen sind:
– Werke, bei denen der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag leistet,
– Werke der Baukunst oder Entwürfe eines solchen Werkes,
– funktionale Werke, also Marken, Kennzeichen, Designs oder Geschmacksmuster und
– Werke des Urhebers, an welchen er keine eigene Veröffentlichungsabsicht hegt.
In diesen 4 Fällen kann dem Vertragspartnern durch den Urheber bereits von Beginn an ein zeitlich unbeschränktes, ausschließliches Nutzungsrecht für mehr als 10 Jahre einräumt werden.
Gemäß § 40a Abs. 4 UrhG besteht eine grundsätzliche Unabdingbarkeit dieses Rechts zu Nachteilen des Urhebers. Vertraglich nachteilige Abweichungen sind nur auf Grundlage einer gemeinsamen Vergütungsregel oder eines Tarifvertrags zulässig. Andere Regelungsarten sind gemäß § 134 BGB als Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam.
Rechteverwertern, welchen trotz pauschaler Vergütungszahlung an einer Ausschließlichkeit über die Frist der 10 Jahre hinaus liegt, sollten sich mithin Wiedervorlagen nach Ablauf der ersten fünf Jahre der Nutzungsdauer notieren, um dann ggf. (i.S.d. Abs. 2) mit den Urhebern erneut in Verhandlung zu treten, um ggf. eine Ausschließlichkeit darüber hinaus zu erwirken. Da davon auszugehen ist, dass das häufig anzutreffende wirtschaftliche Ungleichgewicht, welches bei erstmaliger Rechteeinräumung zu einer solch weitreichenden Einräumung trotz pauschaler Vergütung führte, nicht mehr fortbesteht, dürfte dann aber nicht mehr häufig mit einer Einräumung gegen pauschale Vergütung seitens des Urhebers zu rechnen sein.